Zu 3.:
Es ist etwas anmaßend, wenn wir wie es der Antragstext nahelegt, für alle möglichen Projekte „selbst nachhaltige Vorschläge erarbeiten und einbringen“, um diese zu ersetzen. Es wird vor allem darum gehen, sinnvolle Vorschläge der Verwaltung und anderer Institutionen zu unterstützen und diese durch eigene Vorschläge zu ergänzen. Dies wird mit der hier gegebenen Formulierung zum Ausdruck gebracht.
Zu 4.:
Die Mitgliederversammlung des KV Dresden hat sich beim Beschluss des Kommunalwahlprogramms 2024 vor einem dreiviertel Jahr bereits ausführlich mit der Problematik der Müllverbrennung auseinandergesetzt und nach kontroverser Diskussion einen Beschluss gefasst. Es gibt seitdem weder einen neuen Sach- noch Erkenntnisstand, sodass der Antrag diesbezüglich eigentlich unnötig ist.
Die Begründung zum Beschlusspunkt 4 verkürzt die Sachlage, ist einseitig und stellt die Zahlen teilweise falsch dar. Zuallererst aber gibt er keine Antwort auf ein zentrales Problem: Gegenwärtig wird der Dresdner Restmüll in einem Umfang von 65.000 Tonnen jährlich ohne jede Aufbereitung oder stoffliche Verwertung Tag für Tag über 75 km mit schweren, jede Menge CO2 emittierenden Lkw nach Lauta gekarrt, um dort mit hohem CO2-Ausstoß ohne jede weitere Nutzung der Wärme verbrannt zu werden. Das kann nicht in unserem Sinne sein.
Der Antrag erweckt den Eindruck, dass mit Müllvermeidung alles gelöst ist und man gar keinen Müll mehr verbrennen muss. Das ist reines Wunschdenken und ignoriert die Tatsachen. Zudem wird die Gesetzeslage verschwiegen. Natürlich müssen wir auf Müllvermeidung und Wiederverwertung hinwirken. Aber es wird auch in 10 Jahren noch Restmüll geben. Nicht alle Menschen handeln so umweltbewusst wie Grüne! Restmüll wird es vor allem in Form von Verpackungen mit Lebensmittelresten, Kleinmaterialien mit Verbundstoffen und Alltagskleinkram geben. Derzeit produziert jede:r Dresdner:in 130 kg Restmüll pro Jahr. Das ist im bundesweiten Vergleich schon wenig. Optimistische Schätzungen prognostizieren, dass sich das in den dreißiger Jahren auf 100 kg jährlich reduzieren lässt. Das sind dann immer noch ca. 55.000 Tonnen jährlich. Und die müssen aufgrund der geltenden Gesetzeslage in Deutschland, an der sich auch absehbar nichts ändern wird, „thermisch verwertet“, also verbrannt werden.
In dieser Situation ist es ein ökologisch sinnvoller Ansatz, den Restmüll zunächst aufzubereiten und wiederverwertbare Stoffe (vor allem Metalle, Glas, Kunststoffe) zu entziehen und dem Recycling zuzuführen und den unverwertbaren Rest, der vor allem biogener Müll ist dann zu verbrennen, um die entstehende Wärme für die Fernwärmeversorgung zu nutzen. Genau dieses Konzept verfolgt die von der SachsenEnergie unter dem Namen RING 30 geplante Anlage in Dresden. Modell dafür ist eine ähnliche, aber größer dimensionierte Anlage, die unter maßgeblicher Federführung des Grünen Umweltsenators Jens Kerstan in Hamburg konzipiert wurde und die derzeit im Bau ist (https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Europas-modernste-Muellentsorgungsanlage-entsteht-in-Hamburg,muell1002.html).
Bedenklich sind allerdings die geplanten Dimensionen der Dresdner Anlage, die die Dresdner Restmüllmenge deutlich übersteigen und laut SachsenEnergie durch gewerblichen Müll (kein Sondermüll!) und Restmüll aus dem Umland ergänzt werden soll. Wir wollen jedoch keinen neuen Mülltourismus in großem Umfang nach Dresden. Deshalb ist es sinnvoll, ein Downsizing der Anlage zu fordern auf ein für Dresden verträgliches Maß. Ferner ist es unverständlich, dass es bisher kein sachsenweites Konzept für eine ökologisch verantwortliche Restmüll-Entsorgung gibt. Hier sollten sich Landesverband und Landtagsfraktion klarer positionieren.
Irreführend ist es allerdings auch, wie im Antrag suggeriert, dass mit dem Bau der Anlage die Fernwärmeversorgung Dresdens müllbasiert wird. Selbst in der derzeitigen Dimensionierung würde die RING 30-Anlage mit 330 GWh pro Jahr lediglich etwa 20 % des zukünftigen Dresdner Fernwärmebedarfs decken. Die dafür erforderliche Investitionssumme von etwa 200 bis 250 Mio. € (Angaben der SachsenEnergie + Sicherheitsfaktor, die Zahl 320 Mio. € ist aus der Luft geholt) ist auch im Vergleich zu den Su men, die für die Errichtung von Großwärmepumpen erforderlich sind, und im Verhältnis zum gesamten Investitionsbedarf der SachsenEnergie für die Energiewende von 13 bis 15 Mrd. € bis 2045 nicht überhöht, sondern im Gegenteil eher effizient eingesetzt. Es ist keineswegs so, wie von den Antragstellern behauptet, dass dadurch Investitionen für Großwärmepumpen u.a. behindert würden.
Aus all diesen Gründen ist es verantwortliche grüne Politik, bei dem Beschluss in unserem Kommunalwahlprogramm zu bleiben und das Projekt RING 30 im skizzierten Sinne weiter kritisch zu begleiten und wo möglich zu intervenieren.
Zu 5.:
Der Antrag bleibt in diesem Punkt sehr schwach. Es wird der Eindruck erweckt, dass Großwärmepumpen beliebig und zu geringen Kosten zur Verfügung stünden. Dabei steht die Technologie erst ganz am Anfang der Umsetzung in großem Maßstab. So ist die angeführte Flusswärmepumpe überhaupt die erste dieser Größe und Erfahrungswerte liegen noch nicht vor.
Wichtiger wird zunächst die Nutzung von Abwärmepotenzialen aus Industrieanlagen in und um Dresden, aus Rechenzentren (z.B. TU) und aus der Abwärme der zentralen Kläranlage sein, da hier höhere Wirkungsgrade zu erzielen sind. Mittel- und langfristig (ab ca. 2032) ist auch die Nutzung von grünem Wasserstoff zum Weiterbetrieb des derzeit Erdgas-basierten Kraftwerks Nossener Brücke ein wesentliches Element für eine CO2-freie und ungestörte Wärme- und Stromversorgung in Dresden. Für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung möglichst vieler Haushalte in Dresden sind ein weiterer Ausbau des zentral dekarbonisierten Fernwärmenetzes und der Aufbau vieler Nahwärmenetze für kompakte Wohngebiete wesentliche Elemente der Energiewende.
Dr. Wolfgang Deppe
Sprecher für Umwelt, Klima und Energie
der bündnisgrünen Stadtratsfraktion