Veranstaltung: | Stadtparteitag GRÜNE Dresden 26. Oktober 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 6. Anträge |
Antragsteller*in: | AG Natur und Umwelt (dort beschlossen am: 16.10.2024) |
Status: | Angenommen |
Beschlossen am: | 26.10.2024 |
Eingereicht: | 22.10.2024, 10:24 |
A13: Überprüfung und Neuausrichtung des Verkehrs- und Mobilitätskonzepts "Fernsehturm Dresden"
Antragstext
Der Stadtparteitag möge beschließen:
Die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Dresdner Stadtrat wird beauftragt,
sich für folgende Punkte einzusetzen:
1. Ablehnung des aktuellen Bebauungsplans für den Fernsehturm Dresden aufgrund
unverhältnismäßiger Eingriffe in die Naturlandschaft und das
Landschaftsschutzgebiet.
2. Forderung einer umfassenden Neubewertung des Projekts "Fernsehturm Dresden"
unter besonderer Berücksichtigung:
a) der wirtschaftlichen Tragfähigkeit
b) der Umweltverträglichkeit
c) der Auswirkungen auf angrenzende Wohngebiete
d) der Vereinbarkeit mit dem Flächennutzungsplan und dem Schutzstatus als FFH-
Gebiet
3. Ablehnung des geplanten mehrstöckigen Parkhauses an der Grenze zwischen
Oberwachwitz und Pappritz, da es:
a) die Frischluftschneise des Wachwitzgrundes beeinträchtigt
b) den Landschaftscharakter zerstört
c) in einem Landschaftsschutzgebiet und einer als Waldfläche ausgewiesenen Zone
liegt
4. Entwicklung eines alternativen, umweltfreundlichen Mobilitätskonzepts mit
Fokus auf:
a) Stärkung und Ausbau des ÖPNV-Angebots
b) Förderung nachhaltiger Verkehrsmittel
c) Minimierung des Individualverkehrs in den betroffenen Wohngebieten
5. Priorisierung von Investitionen unter Berücksichtigung:
a) dringender kommunaler Pflichtaufgaben
b) notwendiger Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel
c) bestehender Infrastrukturprojekte wie die Sanierung des "Blauen Wunders"
6. Durchführung einer umfassenden Bürgerbeteiligung zur Neuausrichtung des
Projekts "Fernsehturm Dresden" unter Einbeziehung aller betroffenen
Interessengruppen.
Begründung
Das aktuelle Konzept für den Fernsehturm Dresden steht im Widerspruch zu den ökologischen und stadtplanerischen Zielen unserer Partei. Es gefährdet wertvolle Naturräume, belastet Anwohner und setzt falsche Prioritäten in der Stadtentwicklung. Eine Neuausrichtung ist notwendig, um eine nachhaltige, umweltverträgliche und bürgernahe Lösung zu finden, die sowohl den Schutz der Natur als auch die Bedürfnisse der Stadtgesellschaft berücksichtigt. Die aktuelle Haushaltslage erfordert eine Neubewertung der Prioritätensetzung. Statt Prestigeobjekte sollten alle Mittel in die Sanierung der Infrastruktur umgelengt werden, zum Beispiel die denkmalgerechte Wiederherstellung der Carolabrücke oder die Sanierung des „Blauen Wunders“.
Positionspapier AG Umwelt und Natur (Beschlossen am 16.10.24)
Arbeitsgruppe Natur & Umwelt von BÜNDNIS 90/Die Grünen Dresden zum Verkehrs- und Mobilitätskonzept „Fernsehturm Dresden“
Angesichts einer breiten Diskussion der Stadtgesellschaft zur Finanzierung des Vorhabens, den Fernsehturm für eine touristische Nutzung wiederzubeleben, wachsen die Zweifel an der wirtschaftlichen Tragfähigkeit und inwieweit die Umweltbelange ausreichend berücksichtigt werden.
Die AG Natur & Umwelt von BÜNDNIS 90/Die Grünen Dresden lehnt diesen Bebauungsplan als unverhältnismäßigen Eingriff in die Naturlandschaft ab. Die geplanten Maßnahmen, wie die „Ertüchtigung“ der Wanderwege im FFH-Gebiet werden erheblichen Einfluss auf Flora und Fauna haben. Die Lebensqualität der Menschen in den Wohngebieten Gönnsdorf, Pappritz und Oberwachwitz wird sich durch den wachsenden Individualverkehr verschlechtern. Die Anwohner werden vor allem an den Feiertagen, in der Urlaubszeit und an den Wochenenden massiven Verkehrslärm, Staub und Abgase ertragen müssen. Es sollen Bewohnerparkzonen stufenweise angeordnet werden. In den Parkverbotszonen gilt grundsätzlich Parkverbot. In diesem Bereich können Anlieger kostenpflichtige Parkausweise beantragen, was auf Ablehnung stoßen wird.
Im Rahmen der Verkehrs- und Mobilitätskonzepts „Fernsehturm Dresden“ hat die Verwaltung einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan vorgelegt, der die Errichtung eines Mobilitätspunktes samt Parkhaus an der Grenze zwischen Oberwachwitz und Pappritz (Bushaltestelle Fernsehturm) vorsieht. Laut den Plänen der Stadt ist ein Parkhaus mit bis zu 5 Ebenen und 146 Stellplätzen vorgesehen, wofür ein Investor gesucht werden soll. Zusätzlich sollen Parkplätze für Reisebusse entstehen. Zudem soll nordöstlich des Parkplatzes in Richtung Wachwitzgrund eine barrierefreie Zuwegung in Richtung Fernsehturm errichtet werden. Zu diesem Zweck soll durch die vorhandene Wald- und Wiesenlandschaft in Zick-Zack-Form eine mehrere hundert Meter lange Rampe gezogen werden[A1] .
Der gesamte Bereich einschließlich des Parkplatzes befindet sich im Landschaftsschutzgebiet und ist im Flächennutzungsplan als Waldfläche ausgewiesen. Zudem[A2] wird das Gebiet des Bebauungsplanes zu zwei Seiten durch ein Flora-Fauna-Habitat-Gebiet umschlossen. Schließlich[A3] befindet sich in dem beplanten Bereich ein Biotop.
Das geplante mehrstöckige Parkhaus liegt ferner in der Frischluftschneise des Wachwitzgrundes und zerstört den Landschaftscharakter.
Anstelle eines überdimensionierten Parkhauses muss die ÖPNV-Anbindung tatsächlich gestärkt werden[A4] . Doch danach sieht es im Moment nicht aus. Der Fernsehturm wird durch die bestehende DVB-Buslinie 61 versorgt.
Wir meinen, wenn dieses Prestigeprojekt den Stadtrat passiert, werden zwangsläufig andere Projekte auf den Prüfstand kommen. Zum Beispiel die denkmalgerechte Wiederherstellung der eingestürzten Carolabrücke, die Sanierung des „Blauen Wunders“. Allein hierfür sollen 33,8 Mio € bis 2027 für Korrosionsschutz und Stahlbauteile ausgegeben werden. Rückgang der Fördermittel durch den Freistaat, Inflation, Zuwachs des Baupreisindex‘ von 25%. machen es inzwischen schwer, Investitionen der Stadt zu finanzieren. Sie müssen priorisiert werden und gegen die Pflichtaufgaben der Kommune abgewägt werden. Dazu gehören z.B. dringende Anpassungsmaßnahmen an die Folgen des spürbaren Klimawandels, zu denen die Kommune verpflichtet ist, wie Hochwasserschutz, Sicherung der Trinkwasserversorgung, Gesundheitsschutz der vulnerablen Bevölkerungsgruppen, Schutz und Erhalt der biologischen Vielfalt, etc.
Die betreffenden Grundstücke befinden sich in städtischer Hand und sind dem Außenbereich zugeordnet. Bei den betroffenen Flächen handelt es sich um Waldflächen, z.T. Waldmehrungsflächen aus Ausgleichsmaßnahme aus Eingriffen in Natur und Landschaft in der Vergangenheit sowie um bewirtschaftetes Dauergrünland. Sie liegen größtenteils innerhalb des Landschaftsschutzgebietes „Elbhänge Dresden-Pirna“ und „Schönfelder Hochland“.
Die Stadt will im weiteren Fortgang prüfen, ob das Vorhaben den Schutzregelungen für Natur und Landschaft zuwiderläuft und folglich eine Änderung des Flächennutzungsplanes herbeigeführt werden muss.
Im Rahmen einer FFH- Umweltverträglichkeitsprüfung muss untersucht werden, ob der Bebauungsplan und die damit zu erwartenden Beeinträchtigungen auf das FFH- Gebiet erhebliche einwirken können. Zu berücksichtigen ist der zu erwartende (und gewünschte) Zuwachs an Besuchern und Touristen, die den Wachwitzgrund nutzen sollen, um zu Fuß den Fernsehturm zu erreichen. Wichtig ist, dass sich in diesem Bereich im Wachwitzgrund die wichtigste rechtselbische Population des Feuersalamanders befindet. Diese Amphibienart ist zwar nicht Bestandteil der Erhaltungsziele des betroffenen FFH-Gebietes, aber: „In der Roten Liste Sachsens wird der Feuersalamander als »stark gefährdet« (Kategorie 2) geführt. Die Beeinträchtigung der Larvengewässer, in erster Linie kleine Fließgewässer, ist für den Rückgang der Bestände maßgeblich.“ https://www.natur.sachsen.de/amphibien-reptilien-21632.html#:~:text=In%20der%20Roten%20Liste%20Sachsens,den%20R%C3%BCckgang%20der-%20Best%C3%A4nde%20ma%C3%9Fgeblich.
Damit hat der OB die Öffentlichkeit geködert. Von dem Lippenbekenntnis ist nicht mehr viel übriggeblieben. Im Verkehrs- und Mobilitätskonzept wird eingeräumt, dass 75% der Besucher mit dem PKW kommen werden. Und die Lage spricht dafür, dass diese Einschätzung real ist.